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Marco und Sabine – Zwei Zukunftsräte berichten

Marco Land und Sabine Rothe wurden für den Zukunftsrat in der Stadt Coesfeld ausgelost. An zwei Tagen haben sie sich gemeinsam mit weiteren ausgelosten Bürgerinnen und Bürgern mit der Frage beschäftigt: Was bedeutet ein glückliches Zusammenleben in Coesfeld – und was brauchen wir dafür? Im Interview berichten die beiden Zukunftsräte, was sie erlebt haben.

LOSLAND Team: Was war Euer erster Gedanke, als Ihr die Einladung zum Zukunftsrat im Briefkasten gefunden habt?

Sabine: Ich war erst mal perplex. Unter 300 Coesfelder Bürger*innen ausgewählt – wo ich doch sonst nie etwas gewinne! Ich fühlte mich geehrt und in die Pflicht genommen. Mir war ziemlich schnell klar, dass es sich um ein Demokratieprojekt rundum mehr Bürger*innenbeteiligung handelte und ich auf jeden Fall mitmachen möchte. Gemäß dem Motto „machen statt meckern“, zumal mir die teils bösen Nörgeleien zum Thema Pfauengasse gehörig auf den Wecker gehen! Ich habe sofort meine Bewerbung eingereicht.

Marco: Ich habe mich schon sehr gefreut, als ich unter den ersten 300 der Vorauswahl war, habe aber nicht damit gerechnet, wirklich beim Bürgerrat dabei zu sein. Als ich dann noch persönlich an der Haustür eingeladen wurde, war ich sehr glücklich. Seit dem Amtsantritt von Eliza Diekmann stelle ich eine gewisse Aufbruchsstimmung in Coesfeld fest, an der ich gerne teilnehmen möchte. Ich dachte mir: Jetzt gibt es kein Zurück mehr, jetzt machst Du mit!

LOSLAND Team: Hattest Du da schon von LOSLAND gehört?

Marco: Ich muss gestehen, dass LOSLAND bis zum ersten Brief der Stadt komplett an mir vorbei gegangen ist. Nachdem ich mich dann im Internet informiert habe, war ich hellauf begeistert, dass ein so progressives Projekt der Bürgerbeteiligung ausgerechnet hier bei uns in Coesfeld stattfindet.

LOSLAND Team: Wie habt ihr das erste Treffen des Zukunftsrats erlebt?

Sabine: Ich war ein bisschen aufgeregt, aber Eliza Diekmann hat uns herzlich in Empfang genommen und uns „ihr“ Rathaus für das Wochenende zur Verfügung gestellt. Für unser leibliches Wohl wurde gut gesorgt. Die Atmosphäre war sehr angenehm und meine Mitstreiter*innen super nett. Alle! Deshalb konnten wir auch so vertrauensvoll miteinander arbeiten. Mit der Unterstützung von den Coaches Tina und Ralf war das Eis sehr schnell gebrochen. Nachmittags haben wir uns mit rauchenden Köpfen voneinander verabschiedet und uns auf die Fortsetzung am Sonntag gefreut.

Marco: Mir hat es richtig viel Spaß gemacht. Das Moderationsteam von Losland hat wirklich einen Topjob gemacht. Innerhalb kürzester Zeit waren wir in der Lage in absolut positiver und konstruktiver Atmosphäre zusammen zu arbeiten, zu diskutieren und auch miteinander zu lachen. Ich muss ein wenig schmunzeln, wenn ich bedenke, dass mancher Ratsherr im Vorfeld Befürchtungen in Richtung „Empörungsdemokratie“ geäußert hat. Das ist meines Erachtens eine seltsame Wahrnehmung der mündigen Coesfelder Bürgerinnen und Bürger.

LOSLAND Team: Viele Kommunen bemühen sich um Bürgerbeteiligung, führen Umfragen durch, informieren und machen ihre Entscheidungen und Pläne öffentlich zugänglich. Wer sich einbringen möchte, kann das ehrenamtlich, in Vereinen und Parteien tun. Was ist aus Eurer Sicht das Besondere an diesem Format?

Sabine: Eine besondere Chance dieses Projektes sehe ich darin, dass sich Menschen treffen, sich kennen lernen, austauschen und miteinander arbeiten, die sich vorher noch nie gesehen haben und die höchstwahrscheinlich auch nie in dieser Konstellation zusammengekommen wären. Zufällig ausgewählt! Ganz unterschiedliche Menschen, die sich gemeinsam Gedanken über ihre Stadt machen und Ziele für ein glückliches Zusammenleben erarbeiten. Die zweite große Chance sehe ich darin, dass diese ausgearbeiteten Ziele und Forderungen über eine Steuerungsgruppe des Stadtrates in der Stadtpolitik Berücksichtigung finden soll.

LOSLAND Team: Lohnt sich der Aufwand?

Marco: Demokratie ist ein großes Geschenk, dass wir nur alle gemeinsam bewahren können. Nach meinem Empfinden herrscht eine gewisse Politikmüdigkeit, der die Organe des Landes entgegenwirken müssen. Das funktioniert wahrscheinlich am besten über mehr Bürgerbeteiligung in den Gemeinden. Parteipolitik erweckt gerade bei vielen jungen Menschen den Eindruck, dass Einzelne nicht viel bewegen können, weil Fraktionszwänge über Sachentscheidungen gestellt werden. Hier müssen niedrigschwellige Angebote her, die Lust auf mehr Partizipation machen. Und dann ist da noch der demographische Wandel: Der birgt für mich die Gefahr, dass die berechtigten Interessen der alternden Mehrheit zu wenig Freiraum für die Belange und Entfaltung der jungen oder neuen Coesfelderinnen und Coesfelder lassen. Alle Menschen sollten wieder mehr mit-, als übereinander reden. Dialog und Kommunikation waren ein wichtiges Thema im Zukunftsrat. Hier leistet das Projekt meiner Meinung nach sehr gute Arbeit.

LOSLAND Team: Was wünscht Ihr Euch im weiteren Verlauf?

Sabine: Mein größter Wunsch ist es, dass der Stadtrat unsere Arbeit sieht und ernst nimmt und sie in politische Entscheidungen einfließen lässt. Der zweitgrößte Wunsch ist die Fortführung dieses Projektes, und dass sich im nächsten Jahr wieder zufällig ausgewählte Menschen treffen können, die sich Gedanken um ihre Stadt machen und vielleicht Gefallen daran finden, sich auch zukünftig am Bürger*innendialog zu beteiligen.

Marco: Da so ein Projekt Lust auf mehr macht, fände ich es auch großartig, wenn der Bürgerrat in immer anderer Zusammensetzung wiederholt würde, damit möglichst viele Coesfelderinnen und Coesfelder in den Genuss kommen. Vom Rat wünsche ich mir persönlich, dass er sich ergebnisoffen mit unseren Empfehlungen auseinandersetzt. Coesfeld sind wir alle zusammen.

 

Marco Land ist 46 Jahre alt, Fachkraft für Arbeitssicherheit, verheiratet und Vater von zwei Kindern. In Coesfeld lebt er seit 1985.

Sabine Rothe ist 59 Jahre alt und Hebamme. Sie lebt seit zehn Jahren in Coesfeld.

Blogeintrag über aufsuchende Beteiligung in Coesfeld