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Zukunft vor
Ort gestalten

Wie kann eine zukunftsfähige Beteiligung aussehen, um die großen Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam anzugehen? Wie weit sind wir eigentlich bei der Umsetzung neuer Partizipationsverfahren?

Bei der Kooperationsveranstaltung „Zukunftsfähige Demokratie durch kommunale Bürger*innenbeteiligung“ von LOSLAND und dem Futurium am 20. April 2023 zogen Mitwirkende des LOSLAND Projekts und Akteure der kommunalen und nationalen Beteiligungspraxis aus ganz Deutschland Bilanz. Deutlich wurde: Beteiligungsprozesse beleben die Demokratie, sie müssen aber an Fragestellungen und Zielgruppen angepasst werden.

Interaktives Denk- und Mitmachlabor

Der gemeinsam vom Futurium und dem LOSLAND Projekt gestaltete und von LOSLAND Prozessbegleiter Robert Pakleppa moderierte interaktive Beteiligungs-Hub bot im ersten Veranstaltungsteil Gelegenheit für aktive Beteiligung: An neun Gesprächsinseln gab es Raum für Diskussion und Dialog zwischen Teilnehmenden und Expertinnen und Akteuren der kommunalen Praxis zu unterschiedlichen Aspekten von Bürgerbeteiligungsprozessen. Thematisch standen dabei die Planung und Gestaltung solcher Prozesse, ihre Inklusivität, die Ergebnisse und deren Wirksamkeit sowie die Etablierung einer lebendigen und nachhaltigen Beteiligungskultur im Fokus. Die thematisch vielfältigen Gespräche – von der Fragestellung bis zur Wirkung – und der Austausch zu konkreten Beteiligungsprojekten, u.a. LOSLAND als Modellprojekt, machten  gemeinsame Herausforderungen und Chancen deutlich und ließ Raum für offene Fragen.

Die rund 200 Teilnehmenden konnten so  interaktiv voneinander für die Zukunft der Demokratie zu lernen, gemeinsam neue Ideen entstehen lassen und konkrete nächste Schritte in die eigene Kommune, die Arbeit oder den Alltag mitnehmen.

Hier finden Sie die Übersicht der Ergebnisse der neun Gesprächsinseln.

 

Demokratie von unten im Praxischeck

An den ersten Teil der Veranstaltung schloss sich eine Fishbowl-Diskussion zum Thema „Demokratie von unten im Praxischeck“ an, die von der Journalistin Nadine Hadad moderiert wurde.

Unter den Diskutierenden war die ehemalige Direktorin des LOSLAND Projektträgers RIFS und Mitinitiatorin des Projektes, Patrizia Nanz, die derzeit das „Laboratorium Beteiligende Verwaltung“ im Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) leitet. Sie betonte die Bedeutung von Vertrauen: „Das geht in beide Richtungen. Politiker, die Beteiligungsverfahren erleben, entwickeln ein größeres Vertrauen in die Bürgerinnen und Bürger und sind meistens begeistert, zu welchen Ergebnissen diese kommen. Dieses Vertrauen ist dringend notwendig, um die Demokratie voranzutreiben.“ Außerdem spiele eine gelungene Anbindung von Beteiligungsprozessen an die repräsentative Demokratie eine entscheidende Rolle. Besonders der Umgang mit den Beteiligungsergebnissen erfordere eine sorgfältige Planung.

Linus Strothmann von der Initiative Es geht LOS berichtete über seine Erfahrungen mit der „aufsuchenden Beteiligung“. Dabei werden geloste Bürgerinnen und Bürger nicht nur schriftlich zur Teilnahme an Bürgerräten eingeladen, sondern persönlich angesprochen. In Falkensee/Brandenburg machte Strothmann damit positive Erfahrungen: „Die Leute wollen durchaus mitmachen, aber viele trauen es sich nicht zu, und viele haben das Gefühl, sie gehören nicht zur Politik, zur Demokratie. Das kann man den Menschen nehmen, wenn man ihnen deutlich macht, dass ihre Perspektive wichtig ist.“

Tim Willy Weber, Bürgermeister der LOSLAND Kommune Ottersberg in Niedersachsen, ging auf die Rolle der Verwaltung beim Beteiligungsprozess ein: „Das Gelingen hängt stark von der Freiwilligkeit der Verwaltung ab, denn für sie ist so ein Verfahren sehr arbeitsaufwendig.“ Eine frühe Einbindung helfe, aber die Organisatoren müssten auch dafür sorgen, dass die Bürgerratsmitglieder keine unrealistischen Erwartungen an Politik und Verwaltung entwickelten.

Die meisten Bürgerräte fanden bislang auf kommunaler Ebene statt, doch auch die Bundespolitik hat ihre Bedeutung erkannt. „Der politische Wille im Bundestag ist da“, versicherte Silke Albin, Leiterin der Abteilung Wissenschaft und Außenbeziehungen im Deutschen Bundestag. Sie leitet den Aufbaustab, der in der laufenden Legislaturperiode noch drei bundesweite Bürgerräte ermöglichen soll. Im Mai werden die Fraktionen über das Thema abstimmen, das der erste vom Bundestag initiierte Bürgerrat bearbeiten soll. Unmittelbar danach beginnt die Zufallsauswahl der 160 Teilnehmenden aus ganz Deutschland, die noch in diesem Jahr zusammentreten werden, um Empfehlungen zu erarbeiten.

Fotos: Christian Frey