Im LOSLAND Projekt arbeiten wir mit dem Losverfahren. Die Teilnehmenden eines Bürgerrats können per Zufall aus den Melderegistern ausgewählt werden. Aber was spricht eigentlich für das Losen und wie funktioniert es? Im Blogeintrag erläutert der Politikwissenschaftler Daniel Oppold vom LOSLAND Kernteam die Vorteile des Instruments und erklärt dessen Anwendung.
Es gibt viele Möglichkeiten, wie zur Teilnahme an Bürgerbeteiligungsprozessen eingeladen werden kann. Meist kommen „offene“ Veranstaltungen zum Einsatz, die jede und jeden zum Mitmachen einladen. Ebenso gibt es viele Prozesse, zu denen nur ausgesuchte Interessenvertreter, Betroffene oder Organisationen eingeladen sind. Die Zufallsauswahl bietet daneben eine weitere Möglichkeit der Einladungspraxis, die in besonderer Weise dann sinnvoll ist, wenn man einen möglichst bunten Mix in der Teilnehmerschaft erreichen will und ganz bewusst darauf abzielt, auch Menschen anzusprechen, die sich bei offenen Veranstaltungen oder solchen mit Einladungsliste eher nicht beteiligen würden.
Das Prinzip eignet sich somit also speziell für Fragestellungen, bei denen alle gleichermaßen mitreden sollten und eine Vielfalt an Perspektiven erwünscht ist. Die Zufallsauswahl ist ein ur-demokratisches Prinzip, das bereits in der athenischen Polis genutzt wurde – unter anderem um Korruption und Einflussnahme vorzubeugen. Mit dem öffentlichen Melderegister als Datenbasis, ist es auf kommunaler Ebene recht einfach möglich, Einwohnerinnen und Einwohner zufällig auszuwählen. Somit hat jede und jeder die gleiche Chance für den Bürgerrat gezogen zu werden.
Welche Schwierigkeiten gibt es in der Praxis und wie kann man damit umgehen?
In der Praxis steht das Losprinzip vor der Herausforderung, dass die zufällig ausgewählten Personen sich auch gegen eine Teilnahme entscheiden können. Denn die ist natürlich freiwillig. Damit kann wieder eine ungewollte Selbstauswahl stattfinden, die dazu führt, dass manche Menschen nicht erreicht werden. Um dem entgegenzuwirken, hilft es, die zufällig ausgewählten Personen möglichst persönlich einzuladen, um die Rücklaufquote zu maximieren. Man spricht hier auch von aufsuchender Beteiligung. Beispielsweise können die Bürgerinnen und Bürger zuhause aufgesucht und im direkten Gespräch zu einer Teilnahme motiviert werden oder die Bürgermeisterin greift selbst zum Hörer, um die Ausgelosten von der Wichtigkeit ihres Mitwirkens zu überzeugen.
Eine andere Möglichkeit ist es, die Zufallsauswahl zweistufig zu gestalten: So kann man zunächst breit über das Verfahren informieren und zur Anmeldung auffordern (oder eine große Zahl von Menschen zufällig auswählen). In einem zweiten Schritt werden aus den Anmeldungen die Teilnehmenden gezogen. Dabei kommen Kriterien zur Anwendung, die sicherstellen, dass in der Gruppe zum Beispiel Alter, Geschlecht, Wohnort und weitere relevante Eigenschaften der Teilnehmenden ähnlich wie in der Gesamt-Einwohnerschaft verteilt sind.
Welche Rolle spielt das Losen in den LOSLAND Prozessen?
Die Beteiligungsprozesse, die im Rahmen des LOSLAND Projekts in den 10 Kommunen entwickelt werden, eignen sich aufgrund der Fragestellung nach der „Gestaltung einer enkeltauglichen Zukunft“ grundsätzlich gut für die Nutzung des Zufallsprinzips. Allerdings ist die Frage nach dem Teilnehmer-Auswahlverfahren immer eine Nachgeordnete. Im LOSLAND Projekt nehmen wir immer zunächst mit der Steuerungsgruppe vor Ort die Situation in der Kommune genau unter die Lupe, um herauszufinden, welche konkrete Frage dort zu bearbeiten ist. Ausgehend davon wird ein jeweils passender Beteiligungsprozess erarbeitet und schließlich dann geklärt, zu welchen Veranstaltungen die Bürgerinnen und Bürger auf welche Weise eingeladen werden sollen.